Mittelfristiger Finanzplan

Die Gemeinden sind auf Grund des Österreichischen Stabiliätspaktes verpflichtet, die mittelfristige Orientierung der Haushaltsführung sicher zu stellen. Mit dem § 66a wird diese Verpflichtung rechtlich verbindlich festgelegt. Diese Bestimmung enthält neben den verfahrensrechtlichen Regelungen auch die Vorgaben, welchen Inhalt die Grobplanung haben und auf welchen Zeitraum sie sich beziehen muss.

In den mittelfristigen Finanzplan sind die von den Gemeinden kontrollierten Organisationen ohne Erwerbszweck, deren Zuständigkeit auf das Wirtschaftsgebiet der betreffenden Gemeinde beschränkt ist, einzubeziehen.

Die Bestimmung des § 66a, also die Verpflichtung der Gemeinden, für einen Zeitraum von fünf Haushaltsjahren einen mittelfristigen Finanzplan aufzustellen, wurde mit dem Landesverfassungsgesetz LGBl. Nr. 27/2012 (Z 3) eingeführt; sie gründete sich auf die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2011 (Art. 7 Abs. 1). Der Bgld. Landtag hat der Vereinbarung (ÖStP 2011) mit Beschluss vom 30. Juni 2011 zugestimmt; inzwischen ist der ÖStP 2011 mit 1. Jänner 2012 außer Kraft getreten.


Gleichzeitig ist der Österreichische Stabilitätspakt 2012 in Kraft getreten (Beschluss des Bgld. Landtages vom 27. September 2012, Kdm. LGBl. Nr. 5/2013). In dieser Vereinbarung streben die Vertragspartner (Bund, Länder, Gemeinden) bei ihrer Haushaltsführung nachhaltig geordnete Haushalte an und koordinieren ihre Haushaltsführung gemäß Art. 13 B-VG im Hinblick auf dieses Ziel (Art. 1). Sie vereinbaren weiters zur Umsetzung der Vorgaben des Art. 13 B-VG, des Unionsrechts und des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion ein System mehrfacher Fiskalregeln, die sämtlich bei der jeweiligen Haushaltsführung zu beachten sind. (Art. 2 Abs. 1 ÖStP 2012). Dieses System umfasst zB Regeln über den jeweils zulässigen Haushaltssaldo nach ESVG (Maastricht-Saldo), sowie über den jeweils zulässigen strukturellen Saldo (Schuldenbremse), das jeweils zulässige Ausgabenwachstum (Ausgabenbremse), die Schuldenquotenanpassung, Haftungsobergrenzen und schließlich Regeln über Sanktionen und über das Sanktionsverfahren bei Abweichungen von einer der vereinbarten Regeln (Art. 2 Abs. 2 ÖStP 2012). Von diesen Fiskalregeln gibt es europarechtliche, von den zuständigen Organen der EU eingeräumte Ausnahmen, deren jeweilige Werte sich für jene Gebietskörperschaften analog ändern, in deren Verantwortungsbereich die Ursache für die Ausnahme liegt; als solche Ursache wird u.a. „ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedsstaates entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat, angesehen (Art. 11 ÖStP 2012).
Die im ÖStP 2012 den Gemeinden auferlegten Verpflichtungen betreffen vornehmlich die Beachtung der im Art. 2 Abs. 2 genannten und in den Art. 3, 5, 9, 10, 13 und 14 ausgeführten Fiskalregeln. Dazu gehört auch die Verpflichtung, die Haushaltsbeschlüsse der Gemeinden in rechtlich verbindlicher Form zu fassen und öffentlich kundzumachen sowie die Rechnungsvoranschläge und Rechnungsabschlüsse zeitnahe an die Beschlussfassung in einer Form im Internet zur Verfügung zu stellen, die eine weitere Verwendung ermöglicht (zB downloadbar, keine Images oder PDF) (Art. 12 Abs. 1 ÖStP 2012).
Des weiteren sind die Gemeinden verpflichtet, ihre Haftungen zu beschränken und bestimmte Bedingungen und Informationspflichten gegenüber dem Gemeinderat einzuhalten (Art. 13).
Schon auf Grund dieser beispielhaft angeführten Bestimmungen ergibt sich, dass der im LGBl. Nr. 5/2013 kundgemachte ÖStP 2012 (dem der Bgld.Landtag die „Zustimmung“ erteilt hat) weiterer Bestimmungen (auf einer weiteren Rechtsebene) bedarf, um das durch die Vereinbarung gebotene Verhalten der Rechtsunterworfenen zu determinieren. Dazu kommt, dass die Bundesverfassung eine gleichsam „automatische“ Transformation von Ländervereinbarungen nicht kennt; die Erl. zur RV betr. die B-VG-Nov. 444/1974 (182 Blg, XIII.GP) zu Art. 15a B-VG führen dazu aus, dass Vereinbarungen „nicht unmittelbar verpflichtend für den Rechtsunterworfenen“ sind und daher der Inhalt solcher Vereinbarungen „vielmehr in Gesetzgebungsakte . . . umgesetzt werden müssen.“ Auch die EB zu Art 83 der Landesverfassung (13. GP. RV 142 - Zl. 13 -76) bringen dies wie folgt zum Ausdruck: „Aus Vereinbarungen im Sinne des Art. 82 entstehen für die Landesbürger keine unmittelbaren Rechte. Diese ergeben sich erst aus den in Erfüllung der Vereinbarung geschlossenen Gesetze oder Vollzugshandlungen.“
Dazu kommt, wie der VfGH in seinem Erk. Slg. 9886 festgestellt hat, dass den Ländern gem. Art. 99 B-VG zwar die Verfassungsautonomie zukommt, es dürfe aber die Landesverfassung nicht gegen Grundsätze verstoßen, die im B-VG festgelegt sind. Eines dieser Grundsätze sei die „Beschränkung auf die von der Bundesverfassung ausdrücklich vorgesehenen oder aber vorausgesetzten Typen genereller Rechtsnormen“; Ländervereinbarungen seien aber in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich als Rechtsquellentyp eigener Art vorgesehen. Vor allem aber sei eine „generelle Transformation“ von Ländervereinbarungen in internes Landesrecht wegen der beschränkten Möglichkeit, die Entscheidung des VfGH (Art. 138a Abs. 2 B-VG) über eine Ländervereinbarung herbeizuführen, nicht anzunehmen. Es sei nämlich auch „die Geschlossenheit des Rechtsschutzsystems bei generellen Normen“ ein Grundsatz der Bundesverfassung, der durchbrochen würde, wenn Ländervereinbarungen als Rechtsquelle eigener Art eingesetzt würden. Die Normunterworfenen hätten keine Möglichkeit, die Ländervereinbarung auf ihre Rechtmäßigkeit durch den VfGH überprüfen zu lassen. Daraus folge aber, dass der Landesverfassungsgesetzgeber nicht berufen ist, eine Ländervereinbarung als eigenen Rechtsquellentypus vorzusehen. All dies bedeute schließlich, „dass von Verfassungs wegen zur Herstellung des von der Ländervereinbarung angezielten Zustandes nur jene Rechtsquellentypen zur Verfügung stehen, die unabhängig vom Vertragsabschluss zur Herstellung dieses Zustandes eingesetzt werden dürfen. . . . Bestimmungen einer Vereinbarung über Gegenstände der Gesetzgebung müssen sohin durch einfaches Landesgesetz oder Landesverfassungsgesetz transformiert werden, soweit die Vertragsbestimmungen einen Zustand herbeiführen sollen, zu dessen Herstellung unabhängig vom Vertragsabschluss die Erlassung eines einfachen Landesgesetzes oder eines Landesverfassungsgesetzes erforderlich ist.“
Nun trifft es allerdings zu, dass der ÖStP 2012 zunächst die Organwalter der Gemeinden betrifft und die Gemeinde (vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund) - zufolge des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998 - unmittelbar Vertragspartner des ÖStP ist; aber auch deren Organwalter sind in Vollziehung dieses Paktes „Rechtsunterworfene“, deren Rechte und Pflichten einer Konkretisierung durch landesgesetzliche Regelungen bedürfen. Außerdem fehlt der Aufsichtsbehörde (und dem Landesrechnungshof) jedweder Maßstab für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Voranschlages.
Somit ergibt sich, dass der ÖStP 2012 nicht Bestandteil der Bgld. Rechtsordnung ist und nach wie vor die sich aus dem ÖStP 2011 ergebenden Verpflichtungen, die in den §§ 66a, 68, 72 und 73 substantiiert sind, gelten.